Der Mustertext „Faust“ als deutsches Kultursymbol

Authors

  • Svetlana Semotschko

Abstract

In dem vorliegenden Artikel werden der Begriff „Mustertext“ als eine Art Prototyp der geistigen Verarbeitung außersprachlicher Wirklichkeit und dessen Funktionen und Leistungen in der betreffen- den Kultur behandelt. Dabei wird die „intrakulturelle Adaptation“ eines Mustertextes einer linguistischen Studie als Prozess verstanden, der einerseits die Grundlage für die Herstellung des synchronen und diachronen Kulturkontinuums darstellt, andererseits jedoch eine Kultur von der anderen zeitlich, zum Teil räumlich kultur- historisch unterscheidet und sie als solche von der anderen abgrenzt. So gesehen stellt jeder Mustertext eines der Hauptmittel dar, die imstande sind, kulturelle Kontinuität synchron und diachron zu sichern, denn alle Präzedenzfälle können aufgrund ihrer axiologischen Potenzen die für die entsprechende Kultur aktuellen ethisch-moralischen Werte an kommende Generationen weiter leiten. Als sprachliches Material für die durch- geführte Studie dienen einige Interpretationen der Faust-Sage, die als kulturspezifisches Phänomen in der deutschen Sprachgemeinschaft seit dem späten Mittelalter und in seiner schriftlichen Form seit 1587 existiert und seit dem im Laufe von mehr als 400 Jahren von den deutschen Sprachträgern oftmals interpretiert wurde und bis jetzt interpretiert wird. Auf diese Weise ist die Faust-Fabel zu einem der berühmtesten deutschen Mustertexte und zum deutschen Kultursymbol geworden, wodurch das Kulturkontinuum gefördert und somit auch die Zusammengehörigkeit mehrerer deutschen Generationen unterstrichen wird.

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Published

2007-11-15

Issue

Section

SOCIOLINGUISTICS